Gabrielle Heidelberger: One Woman – Many Voices

Kaum eine Sängerin verfügte über eine ähnliche stilistische Bandbreite wie Gabrielle Heidelberger, denn sie verstand es, jedes Genre in seiner typischen Eigenart und der jeweiligen Gesangstechnik voll Emotion und Leidenschaft authentisch zu interpretieren. Die klassisch ausgebildete Sopranistin war dabei nicht nur eine der vielen Opernsängerinnen, die sich auch mal in Musical oder Jazz versuchen – nein, sie sang in jedem Genre mit absoluter Authentizität und großer emotionaler Tiefe, so dass man in ihren Jazz-Interpretationen keine klassische Sängerin vermutet, doch ihre Operetten- und Operninterpretationen sind ebenso von einzigartiger Qualität. Man kann es nicht beschreiben, man musste sie gehört (und erlebt!) haben.

In ihren Soloprogrammen sprengte sie die Grenzen der Genres und spannte einen Bogen von der Oper und der Operette bis hin zu Musical und Jazz, gleich einem unterhaltsamen und ebenso anspruchsvollen Parforceritt durch die Musikgeschichte. Mit ihrer Bühnenpräsenz und darstellerischen Intensität eroberte sie die Herzen des Publikums im Sturm.

Geboren wurde die sympathische deutsch-französische Sopranistin in Saarbrücken als Tochter eines französischen Vaters und einer deutschen Mutter. Doch ihr Lebensweg verlief alles andere als geradlinig, es sollte viele Jahre dauern, bis sie endlich bei ihrer Bestimmung ankam. Bereits im Alter von drei Jahren war für sie klar: „Ich will Opernsängerin werden!“ Doch als sie im Kindesalter an einer schweren Tuberkulose erkrankte, schien dieser Weg zunächst für immer verbaut. Spätere Versuche scheiterten am Einspruch der Mutter, die ihr nach dem frühen Tod des Vaters sogar die französische Sprache verboten hat. Wie so viele musste auch Gabrielle Heidelberger erst einmal etwas „Anständiges“ lernen und machte eine Lehre zur Augenoptikerin. Der Traum, Sängerin zu werden, schien damit zerstört.

Erst nach dem Tod ihrer Mutter begann sie im Alter von 34 Jahren mit dem Singen. Ihr Hausarzt hatte sie nach einigen schweren Schicksalsschlägen in einem langen Gespräch dazu ermutigt, ihre Vergangenheit hinter sich zu lassen und endlich ihren wahren Weg zu gehen. So begann sie ihr Gesangsstudium bei Prof. Martha Sharp in Mannheim, die heute am Mozarteum in Salzburg lehrt.

Bereits während des Studiums wurde Gabrielle Heidelberger klar, dass die Oper alleine nicht ihre Erfüllung ist. Dank ihrer exzellenten amerikanischen Lehrerin, die keine Berührungsängste und Vorurteile zu anderen Genres kennt, konnte sie sich auch in Richtung Musical und Jazz entwickeln und absolvierte eine entsprechende Meisterklasse bei Joan Morris und William Bolcom an der Hugo-Wolf-Akademie in Stuttgart. Seit dem war sie mit ihren eigenen Bühnenprogrammen unterwegs und auch als Autorin, Regisseurin und Produzentin vielfältiger Musiktheater-Projekte tätig. Kein Wunder, dass Gabrielle Heidelberger auch als Vocal Coach und Stimmbildnerin sehr gefragt war.

Am 21. Mai 2024 ist Gabrielle Heidelberger ganz plötzlich und unerwartet verstorben. Sie wird uns für immer unvergesslich sein.

GH-Bio

Kurz-Vita

  • Studium Gesang und Stimmbildung bei Prof. Martha Sharp in Mannheim
  • Meisterklasse für Lied „Klassisches amerikanisches Musical“ an der Hugo-Wolf-Akademie Stuttgart bei Joan Morris und Bill Bolcom
  • Autorin, Regisseurin und Produzentin vielfältiger Musiktheater-Projekte
  • Konzerttätigkeit im In- und Ausland,
  • diverse CD-Veröffentlichungen
  • Zahlreiche eigene Bühnenprogramme
  • Langjährige Lehrtätigkeit als Pädagogin und Dozentin für Gesang und Stimmbildung in Deutschland und Europa